Das Auge, hier beginnt der Genuss!
Annette | Veröffentlicht am |

Über das Auge erfolgt im Normalfall unser erster Kontakt mit Lebensmitteln. Allein der visuelle erste Anschein beeinflusst unsere Wahrnehmung und unser Urteil. Nicht umsonst gibt es das Sprichwort „Das Auge isst mit“ und nicht umsonst wird sehr viel Wert auf die Präsentation von Lebensmitteln gelegt.
Neben der Farbe, die sicherlich eine große Rolle spielt, beeinflussen auch Form, Oberflächenbeschaffenheit oder sichtbare Textureigenschaften die Wahrnehmung. Ist das Obst reif, das Brot knusprig gebräunt, die Suppe cremig oder pulpig oder hat das Fleisch den richtigen Gargrad.
Bei der Farbbeurteilung sind Frauen grundsätzlich im Vorteil, da Farbfehlsichtigkeit zwischen den Geschlechtern unterschiedlich verteilt ist. Während 1 von 12 Männern ein eingeschränktes Farbsehvermögen hat, ist es nur 1 von 250 Frauen. Der Mensch hat drei Farbrezeptoren für rot, grün und blau, bei Farbfehlsichtigkeit ist mindestens ein Farbrezeptor geschädigt. So gibt es Rot-, Grün- und Blausehschwäche. Für einen schnellen Test ob eine Farbsehschwäche vorliegt, gibt es die Farbtafeln nach Ishahara.
Ein gutes Beispiel wie sehr Farbe, Produkterwartung und Erfahrung zusammenhängen ist Vanillepudding. Wir alle haben schon in der Kindheit gelernt, dass Vanillepudding gelb ist, bei Desserts wird Vanille immer mit gelb assoziiert, obwohl die Vanilleschote schwarz ist. Wer also selbst einen Vanillepudding aus Vanille, Stärke und Milch kocht, bekommt ein weiss-graues Produkt mit schwarzen Punkten. Würden wir auf einem Dessertbuffet da zugreifen?
Rote Tomaten sind reif. Auch wenn es in den letzten Jahren gelbe, gestreifte und sogar schwarze Tomaten zu kaufen gibt, wer würde eine komplett grüne Tomate kaufen? Ich habe in meinem Gewächshaus die Sorte Smaragdbirne, die auch reif komplett grün bleibt und trotzdem sehr lecker schmeckt und auch nicht ungesund ist. Vor Jahren versuchte eine Ketchup-Firma auch in Deutschland einen grünen Ketchup auf den Markt zu bringen. Das Produkt verschwand – ganz unabhängig vom Geschmack – sehr schnell vom Markt, da der Verbraucher ein solches Produkt schon gar nicht probieren wollte. Das gleiche Schicksal erlitt Pepsi Crystal, eine komplett farblose Cola, die gleich schmeckte wie „normale“ pepsi, aber aufgrund der Farbe nicht unseren Erwartungen entsprach.
Und auch wenn wir das Produkt nach dem ersten Augenschein verkosten, kann uns die Farbe immer noch täuschen. Fragt man bei einem rot eingefärbtem Aprikosenjoghurt nach der Frucht, werden oft rote Früchte zuerst genannt. Ein rot eingefärbter Weisswein hat sofort mehr Körper, Reife und Komplexität.
Aber nicht nur die Farbe des Lebensmittels beeinflusst uns. Auch Umgebung und Geschirr lassen uns das Produkt unterschiedlich wahrnehmen. Das gleiche Erdbeermousse schmeckt auf einem weissen Teller intensiver, süsser und besser als auf einem schwarzen Teller. Whisky schmeckt in einem grünen Raum grasiger, in einem roten Raum süsser und in einem holzgetäfelten Raum holziger. Für das perfekte Dinner müssen wir also auch passend zum Gang Tischdecke, Deko und Wandfarbe wechseln 😉
Wer also den „wahren, unverfälschten“ Geruch und Geschmack von Lebensmitteln wahrnehmen will, sollte das ganze in einem dunklen Raum oder mit geschlossenen Augen tun. Leider hatte ich noch nicht die Gelegenheit zu einem Blind Dinner in der Dunkelheit, aber ich bin sicher, dass ein solches Erlebnis zu einer komplett anderen Wahrnehmung führt.

Welche Tomate würdet Ihr nehmen? Mein persönlicher Favorit ist oben links. Optisch nicht herausstechend, eher eine schmutzig rot-grüne Farbe, aber sehr süss und harmonisch.
Beitragsbild von Nika Akin auf Pixabay
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