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Gelatine – Gummibärchen machen alle froh?

Heute verlassen wir die vegane Welt der Verdickungsmittel für Gelatine. Auch wenn  Gelatine offiziell kein Zusatzstoff ist, sondern eine Zutat und somit auch keine E-Nummer, passt es von den Eigenschaften trotzdem in die Gruppe der Verdickungsmittel Die fehlende Eignung für Vegetarier und Veganer macht Gelatine sicher zu einem oft unerwünschten Rohstoff, hinzu kommt noch die Herkunft von zumeist Rind oder Schwein, was bei koscher, halal oder Angst vor BSE Probleme macht. Und dem derzeitigen Trend zu Natürlichkeit entspricht Gelatine auch nicht.

Dennoch wird Gelatine immer noch viel eingesetzt, denn die Eigenschaften sind durch andere Rohstoffe nur sehr schwer nachzustellen. Je nach Anwendung klappt das besser oder schlechter. Die beliebten Gummibärchen sind ein gutes Beispiel dafür. Es gibt sicher inzwischen viele vegane Alternativen, die sicherlich auch gut schmecken. Ich persönlich mag weichere Varianten auf Stärkebasis, aber die Eigenschaften von Gelatine einen festes Gel zu bilden und so im Mund zu schmelzen hat keine Alternative.

Zunächt einmal zur Herstellung. Gelatine besteht aus Proteinen, zum größten Teil aus hydrolyliertem Kollagen. Dieses widerrum stammt aus dem Bindegewebe von Tieren. Etwa 80 Prozent der in Europa hergestellten Gelatine ist Schweineschwartengelatine. 15 Prozent wird aus Rinderspalt hergestellt. Rinderspalt ist eine dünne, kollagenhaltige Schicht zwischen der oberen und der unteren Hautschicht. Die restlichen 5 Prozent der Gelatine werden aus Schweine- und Rinderknochen sowie Fisch gewonnen. Fischgelatine wird aus Fischhäuten gewonnen, um den Ansprüchen von koscher und halal gerecht zu werden, ist jedoch deutlich teurer und derzeit ist noch nicht geklärt, ob am Ende noch eine allergische Reaktion bei Fischallergikern möglich ist.

Für die Hydrolyse wird entweder sauer (mit Salz- oder Schwefelsäure) oder alkalisch (mit Ammoniak) aufgeschlossen. Die Behandlung dauert zwischen einem Tag (sauer) und mehreren Wochen. Im Anschluss wird in mehreren Schritten mit heißem Wasser extrahiert. Je heißer das Wasser, umso weniger fest wird später das Gel. Die Gelfestigkeit wird in einem Bloomwert angegeben. Je höher der Wert, desto fester das Gel. Danach wird noch aufgereinigt, eingedickt, sterilisiert und getrocknet. Das Endprodukt gibt es entweder in Pulver- oder Blattform.

Auch wenn es Stand heute keine exakte Definition von Natürlichkeit gibt, so gilt doch, dass ein Lebensmittel umso natürlicher ist, je weniger es behandelt wurde. Bei industriell gewonnener Gelatine kann man sicher nicht mehr von einem natürlichen Rohstoff sprechen.

Gelatine hat gelierende, stabilisierende, klärende, verdickende, emulgierende, schaumbildende und kristallisationshemmende Eigenschaften. Die Substanz löst sich gut in warmem Wasser und geht beim Abkühlen in ein mehr oder weniger festes Gel über. Der Prozess ist wiederholbar. In kaltem Wasser ist sie weniger gut löslich und quillt. Gelatine löst sich bei Körpertemperatur.

In Lebensmitteln findet Gelatine Anwendung in Süßwaren (Gummibärchen, Marshmallows, etc.), Desserts, Sülze, Aspik und fettreduzierten Produkten. Eine wichtige – nicht so offensichtliche Anwendung – ist die Klärung von Flüssigkeiten wie Wein, Essig und Säften. Unerwünschte Trübstoffe werden gebunden und abfiltriert. Im Gegensatz zur Verwendung von Gelatine als Zutat, muss das Verwenden von Gelatine zur Klärung beim Lebensmittel nicht deklariert werden. Für Vegetarier und Veganer sicher eine unbefriedigende Situation.

Neben der Verwendung in Lebensmitteln wird Gelatine in Arzneimitteln für Hart- und Weichkapseln und bei Impfstoffen eingesetzt. In der Fotografie wird sie als Träger bei Fotopapieren aufgebraucht. Auch Foto-Druckpapiere für Tintenstrahldrucker können Gelatine enthalten.

Machen Gummibärchen also alle froh? Die Variante mit Gelatine sicher nicht. Einfach ersetzen lässt sich die Gelatine aber auch nicht. Als Entwicklerin habe ich lange genug selbst an Alternativlösungen gearbeitet um sagen zu können, dass ein sensorisch gleiches Produkt oft nicht möglich ist. Vegane Götterspeise geht, aber sie wird immer ein anderes Mundgefühl haben. Wie so oft bleibt es die Entscheidung jedes Einzeln, was wichtiger ist. Geschmack, vegane Eignung, Religion, Optik, Rind, Schwein, Fisch.

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