Weizen – ein Schreckgespenst? Teil 2
Annette | Veröffentlicht am |

Heute gehen wir weiter dem schlechten Ruf des Weizens nach. Da Zöliakie und Weizenallergie nur sehr selten auftreten, was könnte noch zu Problemen nach Weizengenuss führen.
Eine Möglichkeit könnte Glutensensitivität oder Weizensensitivität, von Fachleuten auch als Nicht-Zöliakie-Nicht-Weizenallergie-Weizensensitivität (kurz: NCGS) bezeichnet, sein. Als Auslöser kommen neben dem Gluten selbst auch noch andere Stoffe in Frage, wie Weizenkeimlektine (WGA), Phytinsäure, Ballaststoffe oder bestimmte Reizstoffe im Getreide, die Amylase-Trypsin-Inhibitoren (ATI). ATI werden von den Getreidepflanzen als Abwehrstoff gegen Parasiten produziert und befinden sich in der Hülle der Körner. Wenn wir diese ATI essen, dann werden Entzündungsstoffe im menschlichen Körper produziert, wodurch die Darmschleimhaut angegriffen und geschädigt werden kann. Moderne Getreidesorten wurden so gezüchtet, dass sie einen deutlich höheren Gehalt an ATI enthalten als früher. Der Gedanke war, einen besseren Schutz vor Insekten und Parasiten zu erreichen und so Pestizide einzusparen. Dies könnte auch die Zunahme dieser Erkrankung erklären.
Es könnte also nicht nur das Gluten verantwortlich für die Beschwerden sein, sondern auch Stoffe wie ATI, daher ist der Begriff “Weizen-Sensitivität /Weizen-Unverträglichkeit” besser.
Ein weiterer Faktor im Brot, der Unverträglichkeiten auslösen kann sind sog. FODMAP (fermentierbare Oligo-, Di- und Monosacharide sowie Polyphenole). Bei FODMAP handelt es sich um bestimmte unverdauliche Zucker und mehrwertige Alkohole, die in vielen Lebensmitteln vorkommen und Reizdarm-Beschwerden auslösen können. FODMAP sind auch in Broten enthalten und zwar abhängig davon wie der Brotteig behandelt wurde (Teigbereitung). Je länger ein Brotteig ziehen kann vor dem Backen, desto weniger FODMAP-Reizstoffe sind enthalten. Eine langsame Teigbereitung (“slow baking“) von eher traditionell arbeitenden Bäckern ist daher eine gute Idee, da diese Brote deutlich weniger FODMAP-Reizstoffe enthalten. Viele moderne Backwaren werden hingegen in relativ kurzer Zeit hergestellt, um Zeit und Geld zu sparen.
Für diese Formen gibt es bisher noch keinen diagnostischen Test. Daher ist dieses Krankheitsbild bei vielen Ärzten stark umstritten. So spricht man erst von der NCGS, wenn die Weizenallergie, die Zöliakie und weitere Krankheiten, zum Beispiel chronisch entzündliche Darmerkrankungen wie Morbus Crohn, ausgeschlossen werden können.
Ob diese Vermutungen tatsächlich zu einem Anstieg der Probleme mit Weizen führen, kann ich nicht beurteilen. Sie stellen eine mögliche Erklärung dar. Wenn man vermutet an einer Weizenunverträglichkeit zu leiden, hilft nur über eine längere Zeit (mehrere Wochen) komplett darauf zu verzichten und zu prüfen ob die vorhandenen Symptome nachlassen. Wenn das der Fall ist, kann man danach austesten, auf welche Produkte man reagiert und seinen Speiseplan entsprechend umstellen.
Aus meiner Sicht sollte man nicht aus einer Vermutung oder dem Glauben, dass eine weizenfreie Ernährung gesünder ist auf Weizenprodukte verzichten. Auch von der Unverträglichkeit ist höchstwahrscheinlich nur ein geringer Teil der Bevölkerung betroffen, so dass der Großteil weiter Pasta und Baguette ohne schlechtes Gewissen geniessen kann. Natürlich alles in Maßen und im Rahmen einer ausgewogenen Ernährung 😉
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