Scharf – für Schmerzliebhaber
Annette | Veröffentlicht am |

Scharf wird mit der Zunge wahrgenommen und ist doch kein Geschmack, was ist es dann? Scharf als Sinneseindruck wird durch die Aktivierung von Wärme- und Schmerzrezeptoren ausgelöst. Die Durchblutung wird erhöht und die Temperatur steigt. Auch kalte Speisen können durch scharfe Bestandteile als warm oder heiss wahrgenommen werden. Ausgelöst wird das Schärfeempfinden durch unterschiedliche Stoffe:
- Capsaicin in Paprika/Peperoni
- Piperin in Pfeffer
- Gingerol in Ingwer
- Sensölglycoside in Meerrettich und Senf.
Wenn scharf ein Schmerzempfinden ist, warum essen wir dann scharfes Essen. Sind wir alle Masochisten? Scharfes Essen ist traditionell vor allem in Warmen Ländern üblich. Die in den scharfen Lebensmitteln enthaltenen Stoffe wirken gleichzeitig antimikrobiell und können so eine bessere Haltbarkeit der Lebensmittel erreichen. Daneben führt die erhöhte Durchblutung auch zu einem Öffnen der Poren und vermehrtem Schwitzen. Dadurch kann die Körpertemperatur gesenkt werden. Auch wenn es sich zunächst anders anfühlt 😉
Ein weiterer Nebeneffekt der erhöhten Durchblutung ist die bessere Wahrnehmung der weiteren Grundgeschmacksarten. Allerdings ist diese Wirkung begrenzt. Bei zu scharfem Essen nimmt man ausser der Schärfe nichts anderes war. Ein letzter Grund kann sein, dass nach Schmerz im Körper Glückshormone ausgeschüttet werden, die in geringem Ausmass drogenähnliche Wirkung haben.
Ähnlich wie bei Salz gewöhnt sich der Körper an Schärfe. Durch regelmässigen Genuss wird die Toleranz erhöht und man kann schärfere Nahrung essen. Umgekehrt kann man sich auch wieder entwöhnen. Für die Schärfe von Capsaicin gibt es auch eine Skala, die Scoville Units. Früher wurde für die Feststellung eine Lösung so weit verdünnt, bis keine Schärfe mehr feststellbar war. 0 bedeutet somit schon pur ohne Schärfe. Reines Capsaicin entspricht 16.000.000 Scoville. 1 ml Capsaicin müsste als mit 16.000.000 ml Wasser verdünnt werden, um nicht mehr scharf zu sein.
Die schärfste Chilisauce der Welt ist Mad Dog 357 No.9 Plutonium mit 9.000.000 Scoville. Nur für erprobte Chili-Experten zu empfehlen! Als Vergleich, Pfefferspray zur Verteidigung hat 100.000 – 200.000 Scoville. Habanero Chilis haben 100.000 – 350.000 Scoville.
Neben Essen wird Capsaicin auch in der Medizin eingesetzt. Am bekanntesten sind hier sicher Tigersalbe und Wärmepflaster.
Da Capsaicin fettlöslich und nicht wasserlöslich ist, hilft nach einem zu scharfen Essen übrigens Wasser nicht. Am Besten sind fetthaltige Produkte oder Butter / Öl. Brot hilft aufgrund einer mechanischen Entfernung. Milch oder Sahne helfen sicher auch.
Zum Schluss noch eine Anekdote, warum Pflanzen scharf sind. Im Gegensatz zum Menschen nehmen Vögel scharf nicht wahr. Eigentlich sollten also Säugetiere vom Fressen abgehalten werden, da Vögel die bevorzugten Verbreiter für die Samen sind. Beim Menschen hat diese Strategie offensichtlich nicht gewirkt!
Bild von Hans Braxmaier auf Pixabay.
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