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Mehlbehandlung mit Enzymen

Enzyme zur Mehlbehandlung fallen unter Verarbeitungshilfsstoffe früher auch technische Hilfsstoffe genannt und müssen im Endprodukt nicht deklariert werden. Sie gelten nicht als Zutaten und tauchen so auch nicht in einem Zutatenverzeichnis auf. Sind sie in Backmischungen enthalten, müssen sie jedoch deklariert werden. Seit März 2015 arbeitet die EU an einer speziellen Unionsliste, in der alle Enzyme aufgeführt werden sollen, die in Europa ein Zulassungsverfahren erfolgreich durchlaufen haben. Danach dürfen nur noch die in dieser Liste enthaltenen Enzyme und jene, die später die Bedingungen erfüllen und hinzugefügt werden, in der Lebensmittel­industrie der EU eingesetzt werden. Schätzungen zufolge soll die Erstellung der Unionsliste im Jahr 2025 abgeschlossen sein.Enzyme werden zumeist aus Mikroorganismen gewonne, diese können auch gentechnisch verändert sein, was nicht gekennzeichnet werden muss.

Enzyme wirken erst nach Wasserzugabe, also bei der Teigherstellung.   

1 Amylasen

Amylasen sind in Mehlen enthalten, der Gehalt ist jedoch stark abhängig von den Anbaubedingungen. Amylasen spalten geradkettige Abschnitte des Stärkemoleküls in kürzere Bausteine. Durch den Abbau der Stärke und die damit verbundene Wasserfreisetzung wird die Teigviskosität erniedrigt. Die entstehenden Dex­trine dienen als Substrat für β-Amylase oder Glucoamylase, die daraus für die Hefe direkt verwertbare Zucker abspalten. Über diese Reaktionsfolge verbessern sich die Gärkraft und somit die Volumenausbeute sowie Geschmack, Bräunung und Frischhaltung.

1.1 Enzymaktives Malzmehl

Beim Keimen von Getreide werden besonders viele Enzyme und auch Amylase gebildet. Dies nutzen Bier- und Backindustrie seit langem. Malzmehl ist das getrocknete Produkt aus gekeimter Gerste oder Weizen. Obwohl beide Varianten funktionell weitgehend identisch sind, bestehen nationale Unterschiede in der Zulassung für die Mehlbehandlung. Frankreich gestattet beispielsweise nur Malzmehl aus Weizen.

Malzmehl enthält vornehmlich α- und β-Amylase, aber auch Protease, Glucanase und viele andere Enzyme, die den Backprozess teilweise positiv beeinflussen (Amylasen, Glucanasen), aber durchaus auch Probleme bereiten können (Proteasen). Menge und Wirksamkeit sind abhängig von der eingesetzen Mehlqualität. Grundsätzlich handelt es sich um eine sehr natürliche Möglichkeit erntebedingte Qualitätsschwankungen von Mehl auszugleichen.

1.2 Pilz-Amylase

Schimmelpilze der Gattung Aspergillus werden häufig für die Herstellung von Enzympräparaten für Lebensmittelanwendungen eingesetzt, weil es unter ihnen zahlreiche gut beschriebene, sichere und effektive Stämme gibt. Die Schimmelpilze werden in großen Fermentationsanlagen dazu gebracht, Amylase zu produzieren und möglichst in die Umgebung (das Nährmedium) abzugeben. Durch einen mehrstufigen Reinigungsprozess (Zentrifugieren, Filtrieren, Ultrafiltrieren) erhält man ein Enzym-Rohkonzentrat, das zumeist durch Sprühtrocknung in ein gut haltbares Pulver überführt wird. Zur besseren Einsetzbarkeit werden verschiedene Trägerstoffe eingesetzt, vornehmlich Mehl, Stärke, Maltodextrin oder Salz.

Die gewonnene Amylase ist hitzeempfindlicher als Malzmehl und spezifischer in der Anwendung, da nur Amylase enthalten ist.

1.3 Glucoamylase

Glucoamylase kann ebenfalls aus spezialisierten Aspergillus-Stämmen gewonnen werden. Sie baut Stärke zu den kleinsten Untereinheiten, zur Glucose, ab. Im Gegensatz zu α-Amylase schreckt sie dabei auch nicht vor verzweigten Molekülen (Amylopektin) zurück. Sie arbeitet langsam und hat daher vor allem Bedeutung für die Bräunung und für die Aufrechterhaltung der Gärung über längere Zeit (Gärverzögerung und -unterbrechung). Sie wird häufig mit α-Amylase kombiniert.

2. Hemicellulase

Helles Weizenmehl der Type 550 enthält ca. 2,5 % Schleimstoffe (Roggenmehl der Type 1740: ca. 7 %), die mehr als das Zwanzigfache ihres Gewichtes an Wasser binden können. Diese auch Pentosane genannten Stoffe gehören zu den Hemicellulosen, Verwandten der Cellulose. Hemicellulasen bauen diese Substanzen ab. Dabei entstehen zunächst aus zwar in Wasser suspendiertem, jedoch unlöslichem Pentosan lösliche Moleküle mit höherer Wasserabsorption, wodurch die Viskosität steigt. Im weiteren Verlauf werden diese Pentosanmoleküle und die schon zuvor im Mehl vorliegenden wasserlöslichen Pentosane zunehmend abgebaut, Wasser wird freigesetzt und die Viskosität sinkt.

Von Pentosanen ist zudem bekannt, dass sie mit Kleber ein Netzwerk bilden, das umso fester ist, je mehr Pentosane daran beteiligt sind. Auch deswegen haben dunklere Weizenmehle und Mischungen mit Roggenmehl geringere Volumenausbeuten, die sich allerdings durch Zusatz von Hemicellulasen erheblich steigern lassen.

Hemicellulasen wirken sich kaum auf die Fallzahlen aus. Ihre Tätigkeit ist im Amylogramm aber mitunter sehr gut zu erkennen (niedrigere Verkleisterungstemperatur und Amylogrammeinheiten); ebenso im Extensogramm, wo manche Hemicellulasen eine Veränderung der Kurve ähnlich wie Cystein verursachen, ohne dass jedoch der Kleber abgebaut würde.

Diese Enzyme werden aus Schimmelpilz- oder Bakterienstämmen gewonnen, die auf die Produktion von Hemicellulasen selektiert oder spezialisiert wurden.

3. Protease

Protease (auch Proteinase oder Peptidase genannt) spaltet die Proteinstränge des Klebermoleküls, führt so zunächst zu einer Erweichung und dann zu einem vollständigen Abbau der Struktur. Bei Brot ist der Einsatz deshalb nur bei kleberreichem Mehl hilfreich, bei kleberarmen Mehlen stört Protease.

Von großem Nutzen sind Proteasen hingegen bei der Herstellung von Keks-, Cracker- und Waffelmehlen. Bei diesen ist Elastizität des Klebers unerwünscht, es wird sogar das Ausbleiben der Kleberbildung gefordert. Protease ermöglicht hier auch die Verwendung qualitativ stark schwankender Rohstoffe.

4. Glucose-Oxidase

Das Enzym Glucose-Oxidase (GOD) wird zumeist aus dem Schimmelpilz Aspergillus gewonnen. Auch Honig ist eine ergiebige Quelle für GOD, eignet sich aus geschmacklichen Gründen jedoch nur sehr bedingt. In den Honig gelangt das Enzym aus den Schlunddrüsen der Bienen.

GOD oxidiert im Teig mithilfe des Luftsauerstoffes Glucose zu Gluconsäure und Wasser zu Wasserstoffperoxid. Dieses unspezifische Oxidationsmittel wirkt unter anderem auf die Schwefelwasserstoffgruppen des Klebers, wodurch eine Straffung des Teiges eintritt. Auch werden niedermolekulare Schwefelverbindungen (Glutathion, Cystein) oxidiert und somit eine Teigerweichung unterbunden. Der Einsatz von Honig statt Zucker kann also durchaus Einfluss auf das Endprodukt haben.

5. Lipolytische Enzyme/Lipasen

Obwohl die Menge der freien Fette/Lipide im Mehl mit kaum 1 % recht gering ist, haben sie doch eine große backtechnische Bedeutung. Ihre Wirkung lässt sich noch verbessern, indem von den Lipidmolekülen wasserabstoßende Fettsäuren abgetrennt werden, wodurch die Lipide polarer und damit backaktiver werden. Die Lipasen haben bei der Stabilisierung von Teigen und der Verbesserung der Backvolumina inzwischen große Bedeutung erlangt und können Emulgatoren teilweise ersetzen.

 

Grundsätzlich sind bei Enzymen keine negativen Auswirkungen auf die Gesundheit bekannt. Allergien sind bei den reinen Enzymen möglich, vor allem beim Einatmen von Stäuben. Nach dem Erhitzungsprozess sind keine allergischen Reaktionen zu erwarten.

 

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